Die Privatbibliothek von Herzog Ernst II. (1745 - 1804)

Über Ernst II. von Sachsen-Gotha-Altenburg und seine literarisch-wissenschaftlichen Interessen

Ernst Ludwig erhielt durch seine Mutter, Herzogin Luise Dorothea (1710-1767), eine sorgfältige Erziehung. Nach Reisen durch die Niederlande und England heiratete er 1769 Charlotte Amalie von Sachsen-Meiningen (1751-1827) und übernahm 1772 die Gothaer Regierung. Durch sparsame Haushaltsführung gelang es Ernst bis 1797 die nicht zuletzt in Folge des Siebenjährigen Krieges entstandene hohe Verschuldung des Hofes abzutragen. Er förderte Gewerbe und erneuerte das Versicherungswesen. Wie kein anderer Herzog machte er sich um Bildung, Wissenschaft und Künste im Herzogtum verdient. Er unterstützte die Gründung der Schnepfenthaler Erziehungsanstalt unter Johann Gotthilf Salzmann und erneuerte das Gothaer Gymnasium illustre. Er ließ die erste Sternwarte Deutschlands auf dem Seeberg errichten und 1798 den 1. Astronomen-Kongress in Gotha veranstalten. Ernst ermöglichte das erste stehende Schauspielensemble am Gothaer Hof unter Conrad Ekhof (1720-1778) und förderte eine Reihe von bildenden Künstlern.

Ernst II. und die Hofbibliothek

Seit 1775 stellte Ernst II. jährlich einen festen Betrag aus seinen privaten Einkünften für die Hofbibliothek zur Verfügung. Die aus seinen Mitteln angeschafften Bände sind meist mit dem Widmungsvermerk "Donum serenissimi" versehen. 50 wertvolle mittelalterliche Handschriften sowie Inkunabeln bezog er von dem im benachbarten Erfurt wirkenden französischen Benediktiner Jean-Baptiste Maugérard (1735-1815). Zu den herausragenden Erwerbungen gehören die hymnologische Sammlung des Arnstädter Superintendenten Johann Christoph Olearius (1668-1747), der Nachlass der Danziger Botaniker Jacob (1637-1697) und Johann Philipp Breyne (1680-1764) sowie die Tier- und Pflanzenzeichnungen Georg Forsters (1754-1794).

Entstehung, Umfang und äußere Merkmale der Privatbibliothek

Seine private Bibliothek ließ Ernst II. ab 1775 durch Heinrich August Ottokar Reichard (1751-1828) betreuen, nahm aber die Auswahl der Literatur selbst vor. Sie umfasste am Ende seines Lebens etwa 20.000 Bände und war unmittelbar über der Hofbibliothek im dritten Obergeschoss des Ostturms von Schloss Friedenstein aufgestellt. Die überlieferten Bände seiner Sammlung sind weitgehend an einem auf der Rückseite des Titelblattes gestempelten "E" sowie mit der Seitensignatur des Privatbibliothekskatalogs gekennzeichnet.

Charakter und Gliederung der Privatbibliothek

In der Bibliothek finden vor allem die naturwissenschaftlichen Interessen Ernsts II. ihren Niederschlag. 31% der Sammlung machen mathematische und naturwissenschaftliche Schriften aus, 27% historiographische Werke, gefolgt von philologischer und philosophischer (17%) sowie belletristischer Literatur (15 %). In großem Umfang vorhanden sind europäische Zeitschriften und Akademieserien. Unter den philosophischen Schriften fallen diejenigen Voltaires und des deutschen Philosophen Christoph Meiners (1747-1820) auf. Von der Leidenschaft Ernsts II. für das Schachspiel, worüber er kleinere Beiträge publizierte, zeugen zahlreiche Schachbücher.

Der Katalog der Privatbibliothek

Der Privatbibliothekar Ernsts II., Heinrich August Ottokar Reichard, der die Bibliothek über den Tod Ernsts hinaus bis 1815 betreute, legte zunächst einen alphabetischen Katalog in zwei Bänden an (FB Gotha Chart A 2319). 1815 ging die Verwaltung der Sammlung auf den Bibliothekar Friedrich Jacobs (1764-1847) über, der in der Zeit vom 2. Januar 1816 bis 28. Januar 1817 einen Sachkatalog (FB Gotha Chart A 2321)  anlegte. Im Anschluss an die Handschriften sind die gedruckten Werke nach den Formaten Folio, Quarto und Octavo verzeichnet. Innerhalb der Formate sind die Titel nach Sachgruppen geordnet, jeweils beginnend mit den theologischen, juristischen und medizinischen Schriften.

Die "Amerikanische Bibliothek" Ernsts II.

Im Zuge der Französischen Revolution plante Ernst II., in die Schweiz oder in die Vereinigten Staaten auszuwandern. Dafür hatte er Land erwerben und ein Landhaus entwerfen lassen. Aus seiner Privatbibliothek stellte er Bücher seiner Lieblingsfächer, der Mathematik, Physik, Astronomie und Geographie zusammen, die in einen "eigenthümlich dauerhaften Einband" (Friedrich Jacobs) gebunden wurden. Auch wenn kein gesonderter Katalog der "amerikanischen Bibliothek" vorhanden ist, lassen die zahlreichen blaugrauen Papp- oder Papierumschläge, in die Ernsts Lieblingslektüre noch heute gebunden ist, ihre Zugehörigkeit zu dieser Bibliothek vermuten.

Verwendete Literatur