Die Privatbibliothek der Herzogin Luise Dorothea (1710 - 1767)

Über Luise Dorothea von Sachsen-Gotha-Altenburg und ihre philosophisch-literarischen Interessen

Luise Dorothea von Sachsen-Meiningen wurde im Alter von 19 Jahren mit Friedrich III. von Sachsen-Gotha-Altenburg (1699-1772) vermählt. Sie prägte das höfische Leben in Gotha, das als "siècle de la Duchesse Louise" bezeichnet wurde. Es gelang Luise, eine Atmosphäre französischer Salonkultur zu etablieren und den Hof im Netz der europäischen République des lettres zu verankern. Sie bezog die "Correspondence litteraire", jene handschriftlich vervielfältigte Zeitschrift mit Neuigkeiten des literarischen Pariser Lebens, die exklusiv an Fürstenhöfe unter der Auflage der Verschwiegenheit versandt wurde. Unter den Briefwechseln Luise Dorotheas ragt der mit Voltaire heraus, der sich von seiner Flucht aus Berlin nach Paris 1753 mehrere Wochen in Gotha aufgehalten hatte. Der Erziehung ihrer zwei Söhne widmete sie sich mit täglich schriftlich gestellten Fragen. Regierungstätigkeit war für Luise immer ein Gemeinschaftsunternehmen mit ihrem Gemahl, der sie persönliche Belange unterordnete, die aber nicht zuletzt ihrer starken Persönlichkeit entsprach und durch den Charakter Friedrichs III. durchaus befördert wurde. Sie gebar neun Kinder, von denen nur vier das Jugend- oder Erwachsenenalter erreichten.

Entstehung, Umfang und äußere Merkmale der Privatbibliothek

Die Bibliothek Luise Dorotheas war in ihren privaten Gemächern im Nordflügel des Schlosses Friedenstein aufgestellt. Sie wurde durch den Gothaer Bibliothekar und Schriftsteller Christian Gottfried von Freiesleben (1716-1774) gepflegt. Im Gegensatz zu den Büchern, die ihr Gemahl Friedrich III. und sie für die öffentliche Hofbibliothek anschaffen ließen, zierten die vergoldeten, verschlungenen Initialen "LD" mit Fürstenhut den vorderen Spiegel oder den Vorderdeckel ihrer Bücher. Außerdem wurden die im Katalog ihrer Sammlung verzeichneten Signaturen ebenfalls in den Büchern nachgetragen. Ihre Sammlung umfasste etwa 3.600 Bände.

Charakter und Gliederung der Privatbibliothek

Die Bibliothek Luise Dorotheas war eine Sammlung zeitgenössischer Texte. Es dominierte die französische Sprache - ein für Bibliotheken des weiblichen deutschen Adels im 18. Jahrhundert typischer Befund. Fast die Hälfte ihrer Sammlung nehmen die Belles lettres ein, gefolgt von den historischen Werken sowie den philosophischen Wissenschaften und den Künsten. Ihre Bibliothek ist Ort der Musenpflege, Ausdruck mäzenatischen Handelns und zugleich Arbeitsinstrument. Hervorragend vertreten sind die Werke französischer, deutscher und englischer Aufklärer. Sie besitzt, wohl noch vor der Herzoglichen Bibliothek, alle vor ihrem Tod 1767 erschienenen Bände der "Encyclopèdie". Mit 112 Titeln ungewöhnlich reichhaltig ist die Sammlung der Schriften Voltaires, zu der zahlreiche Polemiken gegen und Arbeiten über ihn hinzukommen.

Der Katalog der Privatbibliothek

Den Katalog zur Bibliothek Luise Dorotheas (FB Gotha, Chart. B 1234) legte der Gothaer Bibliothekar und Schriftsteller Christian Gottfried von Freiesleben (1716-1774) an. Sein genaues Entstehungsdatum ist nicht bekannt. Er ist das Gegenstück zum ebenfalls von Freiesleben gefertigten Katalog von Friedrich III. Die zugrunde gelegte Systematik stammt von dem Pariser Buchhändler Gabriel Martin (1678-1761). Martin hatte diese so genannte "französische Systematik", die im 17. Jahrhundert für das Pariser Jesuitenkolleg entwickelt worden war, in seinen Buchhandelskatalogen genutzt und in Europa bekannt gemacht. Die Systematik bestand aus den Hauptgruppen Theologie, Jurisprudenz, Wissenschaften und Künste, den Belles lettres und Geschichte. Freiesleben passte die Systematik der Gothaer Büchersammlung an, indem er die verschwindend geringen Titel an juristischer bzw. medizinischer Literatur Louises den politischen bzw. physikalischen Schriften zuordnete.

Verwendete Literatur